05.04.2022 (c System Change not Climate Change)

Am 05.04.2022 wurde die letzte besetzte Baustelle geräumt, um den Weg freizumachen für die klimaschädliche Stadtautobahn. Da die Polizei das Gelände großräumig abgesperrt, die Presse verdrängt und parlamentarische Beobachter:innen nicht hereingelassen hat, geschah die Räumung abseits der Öffentlichkeit. Auch die Solidaritätskundgebung konnte deshalb nicht in Sichtnähe der Räumung stattfinden. Diese Handlung der Polizei kritisieren wir, da wir auf neutrale Beobachtung des Geschehens seitens der Presse und der Zivilbevölkerung angewiesen sind.

Aus Eigenschutz vor weiteren Repressionen verweigerten wir es, unsere Identität preiszugeben und wurden darum ins PAZ gebracht, wo wir 24 Stunden lang ausharren mussten, die Mehrheit in Einzelhaft und unter Schikane. Zum Teil fast ohne Essen. FLINTA*-Aktivistis wurden sexistisch beleidigt und transphob behandelt. Polizist:innen schauten trans Menschen in ihre Unterhosen, um sie einordnen zu können. Das war rechtswidrig. Ein Beamter verhielt sich auffallend sexistisch, beleidigend und herablassend gegenüber uns. Er machte bei Aktivistinnen beleidigende Bemerkungen über ihren „fetten Arsch“ oder ihre Körperbehaarung.

Trotz mehrfacher Verweigerung und Hinweisen der Aktivistis, dass die Polizei bei Verwaltungsstrafen keine erkennungsdienstlichen Maßnahmen durchführen darf, wurden wir mittels Würge- und Fixierungsgriffen gezwungen, unsere Gesichter fotografieren zu lassen. Ein Aktivist wurde geschlagen, nachdem er auf sein Recht bestand. Auch Polizistinnen drohten Gewalt gegenüber FLINTA*-Aktivistis an, während sie sich ausziehen mussten (Zitate: „Ich würd euch kleinen Kindern gern auf die Goschn haun“, „Kann ja sein, dass du hingefallen bist“). Ein Aktivist wurde in einer Einzelzelle von vier Polizisten fixiert und ihm wurde Gewalt angedroht, wenn er sich nicht fotografieren lasse. Andere wurden ungefragt oder heimlich fotografiert. Zudem wurde uns gedroht, dass wir während der Haft kein Essen kriegen, das gesetzlich erlaubte Telefonat nicht führen zu dürfen oder länger in Haft bleiben, wenn wir dem Fotografieren des Gesichtes nicht zustimmen. All das zeigt, dass bei der Exekutive Gesetze und Rechte missachtet und mit Füßen getreten werden.

Wir kritisieren das Verhalten der Polizist:innen, die sich gegenüber uns sexistisch, transphob und gewaltbereit verhalten haben, zutiefst. Auch, dass Polizist:innen solch ein Verhalten bei ihren Kolleg:innen tolerieren und nicht eingreifen, sondern zugeben, dass sie einander decken würden, finden wir erschreckend und untragbar.

Uns ist bewusst, dass wir als weiße Aktivist:innen pivilegiert sind, auch beim Kontakt mit der Polizei. Die Gewalt und Diskriminierung, die wir im PAZ erlebt haben, ist nicht gleichzusetzen mit dem, was BIPoC erleben oder mit Menschen mit einem unklaren Aufenthaltsstatus, denen eine Abschiebung droht. Auch konnten wir auf juristische Hilfe von außen zählen. Es ist umso tragischer, dass viele Menschen im PAZ über mehrere Wochen hinweg, etwa in Schubhaft, solchen Schikanen und Übergriffen ausgesetzt sind und dabei keine Möglichkeiten haben, sich dagegen zu wehren oder dies öffentlich zu machen. Darum versuchen wir, auch hier auf diese Missstände aufmerksam zu machen.

Wir erleben psychische und physische Polizeigewalt, weil wir für unsere Werte einstehen und das Versagen bezüglich der Klimakrise seitens der Politik öffentlich aussprechen.
Darum kämpfen wir weiter, für uns, für dich und für eine lebenswerte Zukunft für alle und wir lassen uns nicht einschüchtern. Gegen Klimakrise, Sexismus, Gewalt, Rassismus und Faschismus!

Die Polizeigewalt und die Geschehnisse, die sich vor drei Jahren abgespielt haben, schockieren uns noch heute. Wir solidarisieren uns mit Anselm und allen Betroffenen, welche am 31.05.2019 hier in Wien bei einer friedlichen Aktion massiver Polizeigewalt ausgesetzt waren. Wir hoffen, dass sich solche Bilder nicht mehr wiederholen.

Widerstand ist unräumbar!

Die 34 inhaftierten Aktivistis vom G1

Begriffserklärungen

FLINTA* steht für Frauen, Lesben, intergeschlechtliche, nicht-binäre, trans und agender Personen, also für alle, die patriarchal unterdrückt werden

BIPoC steht für Black, Indigenous and People of Color

Repression steht für Unterdrückung, gezielte Willkür, Gewalt und Machtmissbrauch

Verwaltungsstrafen werden z. B. ausgeteilt, wenn eine aufgelöste Versammlung nicht verlassen wird